Interview mit Daniela Haubold von Reintjes

Im Gespräch mit Reintjes: „Wir können bis zu drei Tonnen schwere Bauteile drucken“

Die REINTJES GmbH aus Hameln entwickelt einen 3D-Drucker in XXL, um damit künftig Schiffsgetriebegehäuse additiv zu fertigen. Entwicklungsingenieurin Daniela Haubold berichtet über Fortschritte und Herausforderungen des Forschungsprojekts, das REINTJES gemeinsam mit Partnern und gefördert durch das Bundeswirtschaftsministerium vorantreibt.

Frau Haubold, was verbindet ein Unternehmen tief in Niedersachsen und fernab der Küste mit der maritimen Branche?

Das hat eine lange Tradition. Die Firma REINTJES entstand 1879 als kleine Werkstatt in Emmerich am Rhein. Heute sind wir eine international tätige Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Hameln. Dort produzieren wir seit 1955 Schiffsgetriebe. Neben Klein- und Mittelgetrieben bieten wir auch Sondergetriebe an.

Welche Bedeutung hat der 3D-Druck für REINTJES?

Wir produzieren noch nicht im 3D-Druck, aber wir haben gerade unser erstes großes Forschungs- und Entwicklungsprojekt abgeschlossen. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Unser Ziel ist es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem wir künftig Schiffsgetriebegehäuse additiv fertigen können. Aus unserer Sicht eignet sich der 3D-Druck vor allem für Groß- und Sondergetriebe, die nicht in Serie gefertigt werden.

Bisher sind eher kleine Bauteile aus dem 3D-Druck bekannt. An welche Dimensionen denken Sie dabei?

Unser XXL-Drucker besitzt einen Bauraum von 4,5 mal 3 mal 1,5 Metern. Damit können wir Bauteile bis zu einem Gewicht von drei Tonnen fertigen. Prinzipiell wäre sogar noch mehr möglich.

Mit welchem Material arbeiten Sie und wie sieht das Druckverfahren konkret aus?

Wir arbeiten mit Stahl, das heißt, wir verwenden einen Stahldraht und schweißen die einzelnen Nähte aufeinander. Das machen wir nicht mit Schweißrobotern. Vielmehr haben wir dafür gemeinsam mit unseren Projektpartnern ein Dreiachsportal entwickelt. Das funktioniert im Prinzip wie der 3D-Drucker zuhause, nur eben im XXL-Format.

Wie lange dauert es, damit ein sehr großes Bauteil herzustellen?

Im Rahmen des Forschungsprojekts haben wir einen Demonstrator aufgebaut und darin bereits ein Getriebegehäuseteil gefertigt. Die reine Prozesszeit betrug 76 Stunden. Insgesamt zog sich die Fertigung aber über zwei Monate, da wir den Prozess entwicklungsbedingt immer wieder unterbrechen mussten. Wie lange die Fertigung letztlich dauern wird, können wir noch nicht ganz genau sagen. Wir werden in der Zukunft vermutlich weitere Fertigungsschritte miteinbeziehen, also zum Beispiel die Vorerwärmung oder die Nachbearbeitung. Das kostet dann auch Zeit.

Welche Vorteile erhoffen Sie sich vom 3D-Druckverfahren?

Unser Forschungsprojekt hat bereits gezeigt, dass wir mit dem 3D-Druck besonders energie- und ressourceneffizient fertigen können. Wir sehen also einen Kosten- und auch einen Zeitvorteil. Gut für die Umwelt und das Klima ist das auch. Hinzu kommt, dass wir mit diesem Verfahren deutlich flexibler in der Konstruktion werden. Wir können damit die unterschiedlichen Belastungen im Getriebe viel besser berücksichtigen. Grundsätzlich bedeutet der 3D-Druck, dass wir Wertschöpfung im eigenen Haus behalten und weniger auf externe Zulieferer angewiesen sind. Das ist natürlich ein wirtschaftlicher Vorteil für unser Unternehmen.

Was waren die besonderen Herausforderungen in diesem Projekt?

Es gab in der Tat eine Reihe von Herausforderungen, die wir noch nicht alle gemeistert haben. Gerade bei großen Bauteilen sind Eigenspannung und Verzug ein Thema. Das gilt aber generell für alle Schweißprozesse, nicht nur die additive Fertigung. Wie wir Eigenspannung und Verzug reduzieren, wird ein Thema des Folgeprojekts sein.

Steht schon fest, dass REINTJES künftig den 3D-Druck als zusätzliches Verfahren in die eigene Produktion integrieren wird? Wann ist damit zu rechnen?

Das ist das Ziel unserer Forschung. Das Folgeprojekt ist für Mitte 2024 geplant und wird voraussichtlich über vier Jahre laufen. Einen konkreten Termin für den Produktionsstart gibt es noch nicht.

 

Daniela Haubold arbeitet als Entwicklungsingenieurin für Additive Fertigung bei der REINTJES GmbH in Hameln. Im Jahr 2022 hat sie den Master of Science an der technischen Universität Hamburg abgeschlossen. Ihre mit der Note 1,0 bewertete Masterarbeit mit dem Titel „Eigenspannungsoptimierung in einem additiv gefertigten Getriebegehäuse durch thermische und mechanische Einwirkungen“ schrieb sie bereits bei REINTJES im Rahmen des XXL-3D-Druck-Projekts.

 

Fotocredit: Rouven Theiß/REINTJES

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