Interview mit Santiago Ferrer und Katharina Klies von 3Dock

Im Gespräch mit 3Dock: „Wir sehen uns als Geburtshelfer des maritimen 3D-Drucks“

Santiago Ferrer und Katharina Klies stammen aus der maritimen Wirtschaft. Mit ihrem Startup-Unternehmen 3Dock wollen sie das Vordringen des 3D-Drucks in der Branche beschleunigen.

Die Additive Fertigung hält auch in der maritimen Industrie Einzug. Welche Rolle kommt dabei kleinen, agilen Startups wie Ihrem Unternehmen 3Dock zu?

Santiago Ferrer: Die Rolle von Startups wie 3Dock ist es, Produkte und Dienstleistungen schnell zu entwickeln und schnell an den Markt zu bringen. Wir sind sehr beweglich und in der Lage, auf Feedback aus der Branche unmittelbar zu reagieren.  So passen wir unsere Produkte sehr schnell an den tatsächlichen Bedarf unserer Kunden an, bis es hundertprozentig passt. Damit gehören wir zu den Innovationstreibern in dieser Branche, die traditionell eher langsam agiert. Wir sehen uns ein bisschen als Geburtshelfer des maritimen 3D-Drucks. 

Wie schätzen Sie das Potenzial für die additive Fertigung – den 3D-Druck – in der maritimen Industrie ein?

Katharina Klies: Das Potenzial ist ohne Frage sehr groß, insbesondere bei Ersatzteilen. Die weltweite Flotte ist relativ alt. Das durchschnittliche Schiffsalter liegt bei mehr als 20 Jahren. Das bedeutet, dass Originalersatzteile oft nicht mehr zu bekommen sind. Teilweise existieren die Hersteller schon gar nicht mehr. Hier bietet der 3D-Druck hervorragende Möglichkeiten. Mit seiner Hilfe können wir Ersatzteile reproduzieren oder auch entsprechende Werkzeuge herstellen. Mit 3D-Druck können wir Teile nicht nur nachbauen, sondern sogar verbessern. Hinzu kommt, dass die Schifffahrt eine wirklich globalisierte Branche ist. Werften, Reedereien, einzelne Schiffe sind über den ganzen Erdball verteilt. Mit 3D-Druck können sie mit den entsprechenden digitalen Daten Ersatzeile überall auf der Welt produzieren. Sogar auf Schiffen ist das möglich. Das ist ein riesiger Vorteil.

Welche Faktoren hemmen aus Ihrer Sicht eine raschere Ausbreitung der Additiven Fertigung in der Branche?

Klies: Die Zertifizierung von Produkten und Materialien ist sicherlich ein Bremser. Sie hält mit dem hohen Tempo neuer Entwicklungen, die wir gerade erleben, nicht mit. Die Branche ist sehr konservativ, und das gilt insbesondere auch für die Klassen. Die sind noch dabei, überhaupt ein Regelwerk für die neue Technologie zu entwickeln. Dementsprechend geht alles langsamer voran, als wir uns wünschen würden und als es aus unserer Sicht auch notwendig wäre. Dieses Problem betrifft nicht nur Startups wie uns, sondern auch große namhafte Hersteller. Vielleicht gelingt es ja, den Prozess zu beschleunigen, wenn alle am gleichen Strick ziehen und Druck machen.

Was kann Ihr Unternehmen heute schon konkret liefern? 

Ferrer: Als wir in der maritimen Branche mit 3D-Druck begannen, standen wir vor vielen offenen Fragen: Welche Strukturen und Materialien sind für den maritimen Einsatz geeignet, wie steht es mit den Kosten, ist eine Zertifizierung überhaupt möglich, wo finden wir die richtigen Experten? Diese Fragen wollten wir möglichst schnell beantworten. Unser Ansatz war sehr praxisbezogen: Wir wollten unseren Kunden vom ersten Tag an fertige gedruckte Teile auf den Tisch legen. Das hat gut funktioniert. Mit den dabei gesammelten Erfahrungen können wir heute nicht nur Teile liefern, sondern auch andere am 3D-Druck interessierte Unternehmen beraten hinsichtlich des Engineerings, des Designs, der Zertifizierung und vieler anderer Aspekte. Ein sehr spannendes konkretes Projekt, das wir im Augenblick mit einem großen Kunden vorantreiben, ist das digitale Lager. Das ist ein sehr interessantes Feld!

Wird die Additive Fertigung eines Tages so allgegenwärtig sein, wie heute die Computertechnik, die sich innerhalb weniger Jahrzehnte komplett durchgesetzt hat?

Ferrer: Das ist durchaus vergleichbar. Auch der 3D-Druck ist eine Technologie, die sich sehr, sehr schnell entwickelt. Etwa alle zwei Jahre sehen wir technische Durchbrüche. Wir produzieren immer schneller und besser. Die Materialpalette wird ständig größer. Viele Prozesse sind heute schon hochautomatisiert, und nun kommt noch die KI hinzu, die die Prozesse weiter verbessern und beschleunigen wird.  Das ist die Tendenz. Dabei ist die zugrundeliegende 3D-Technik eigentlich recht simpel. Heutzutage können schon Kinder mit 3D-Druckern zuhause interessante Dinge herstellen. In der Industrie besteht die Kunst darin, einen guten, sinnvollen Anwendungsfall zu entwickeln. Also, wir denken schon, dass diese Technologie künftig nicht mehr wegzudenken sein wird.

Wie wichtig sind für Sie Veranstaltungen wie das gerade zum zweiten Mal durchgeführte Forum „3D-Druck und additive Fertigung im Schiff-/Yachtbau“?

Klies: Sehr wichtig. Wir wollen 3D-Druck am Markt etablieren. Dafür müssen wir aufklären und auch Werbung machen. Das geht am besten auf Veranstaltungen wie dieser, wo die Teilnehmer am Thema stark interessiert sind und es einen intensiven Austausch mit Fachleuten aus ganz unterschiedlichen Richtungen gibt. Das ist sehr hilfreich.

 

Santiago Ferrer Mur und Katharina Klies sind Co-Founder des Hamburger Startups 3Dock. Santiago Ferrer Mur hat einen Abschluss als M. eng. Naval Architect und verfügt über Expertise in den Bereichen Additive Fertigung, Produktionsprozesse, Struktur- und Materialmechanik, Reverse Engineering, Fundraising, Forschung und Entwicklung, Projektmanagement und Zertifizierung. Er hat mehr als zehn Jahre Erfahrung in der maritimen Industrie. Katharina Klies besitzt einen Abschluss als Dipl. Ing. (FH) / Master Mariner. Sie blickt zurück auf zehn Jahre in der maritimen Industrie, fuhr auf Handelsschiffen und arbeitete bei Reedereien. Sie hat Erfahrung in Versorgung, Transport und Bedarf an Bord von Schiffen sowie Auditierungs- und Zertifizierungsprozessen. Im Laufe Ihrer Tätigkeit haben Klies und Ferrer ein starkes, europaweites Netzwerk aufgebaut.

Bildrechte: 3Dock

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